Selbstvertrauen entscheidet! –Wie Selbstvertrauen Entscheidungen prägt.

Als Sportpsychologe mit einem besonderen Fokus auf Fussballtorhüter, habe ich mich in meiner Masterarbeit intensiv mit der Frage beschäftigt, wie Entscheidungen unter Druck entstehen – und welche Rolle dabei das Selbstvertrauen spielt. Mit diesem ersten Blogbeitrag starte ich meine neue Kategorie auf meiner Website – MentALLab - in welcher ich regelmässig aktuelle wissenschaftliche Studien aufarbeite und hier präsentiere.

Entscheidungen im Sport: schnell, intuitiv – und von innen heraus beeinflusst

Gerade im leistungsorientierten Fussball, wo in Millisekunden über Sieg oder Niederlage entschieden wird, ist die Entscheidungsqualität von zentraler Bedeutung. Dies gilt grundsätzlich für alle Athlet:innen aber in besonderer Art und Weise für Torhüter:innen, die oftmals als letzte Verteidigungslinie agieren. In einer dynamischen Spielsituation müssen sie blitzschnell abwägen: Herauskommen oder bleiben? Blocken oder Zurück auf die Linie?

Hier setzt das psychologische Konzept der Take-the-First (TTF) Heuristik an. Heuristiken sind mentale Abkürzungen oder Entscheidungsregeln, die uns helfen, auf Basis von Erfahrung Entscheidungen zu treffen – besonders dann, wenn nicht viel Zeit zum Nachdenken bleibt. Diese TTF-Heuristik beschreibt die Tendenz, dass in komplexen Entscheidungssituationen oft die erste generierte Handlungsoption auch die beste ist (Johnson & Raab, 2003). Doch wie stark vertrauen Athlet:innen eigentlich dieser ersten Intuition? Und was beeinflusst dieses Vertrauen?

Selbstvertrauen als Schlüsselmechanismus

Die Studienlage zeigt: Je höher das Selbstvertrauen, desto häufiger entscheiden sich Athlet:innen für ihre erste Option – sie vertrauen auf ihr Bauchgefühl und handeln schnell und entschlossen. Genau das konnten Hepler und Feltz (2012) eindrücklich nachweisen. In ihrer Studie war Selbstvertrauen ein signifikanter Prädiktor für die Anwendung der TTF-Heuristik:

  • Spieler mit höherem Selbstvertrauen generierten weniger Entscheidungsoptionen,

  • entschieden schneller

  • und wählten häufiger die erste Option.

Wichtig: Es ging nicht nur um Effizienz, sondern um die Qualität der Entscheidung. Auch die dynamische Inkonsistenz – also das Umschwenken auf später generierte Optionen – trat bei selbstsicheren Athleten seltener auf.

Diese Ergebnisse wurden durch Musculus et al. (2018) in einer Studie mit Bundesliga-Nachwuchsspielern bestätigt. Besonders spannend: Jüngere Spieler (U11) tendierten dazu, eher sichere, "einfachere" Optionen zu wählen. Mit zunehmendem Alter und Erfahrung verlagerte sich das Vertrauen zunehmend auf die zuerst generierten, oft intuitiveren Optionen.

Was heisst das für Athlet:innen – und speziell für Torhüter:innen?

In meiner eigenen Masterarbeit konnte ich diese Effekte auf eine konkrete, torhüterspezifische Entscheidungssituation übertragen. Dabei zeigte sich: Ein bestimmtes taktisches Verhalten (z.B. „Back“; zurückfallen, statt aggressiv zu attackieren) – eine eher kontraintuitive Handlung – wurde signifikant häufiger von Torhütern mit höherem Selbstvertrauen gewählt. Das bedeutet: Selbstvertrauen kann nicht nur Handlungssicherheit fördern, sondern sogar mutige, moderne Entscheidungen begünstigen.

Fazit: Mentales Training zahlt sich aus

Was heisst das nun für das Coaching? Ganz einfach: Selbstvertrauen ist keine zufällige Eigenschaft, sondern trainierbar. Im mentalen Training kann gezielt daran gearbeitet werden, sportbezogenes Selbstvertrauen aufzubauen und so die Entscheidungsqualität unter Druck zu verbessern. Spieler:innen lernen, ihrer ersten Option mehr zu vertrauen – und dadurch schneller, effizienter und erfolgreicher zu agieren.

Als Mentaltrainer trainiere ich mit dir genau solche Mechanismen und werde diese in Zukunft auch hier im Blog wissenschaftlich fundiert aufbereiten.

Bleib also dran, wenn du mehr darüber erfahren möchtest, wie mentale Stärke zur entscheidenden Fähigkeit im Sport wird.

Verwendete Studien und Literatur

  • Hepler, T. J., & Feltz, D. L. (2012). Take the first heuristic, self-efficacy, and decision-making in sport. Journal of Experimental Psychology: Applied, 18(2), 154–161.

  • Johnson, J. G., & Raab, M. (2003). Take the first: Option-generation and resulting choices. Organizational Behavior and Human Decision Processes, 91(2), 215–229.

  • Musculus, L., et al. (2018). Confidence and decision-making in youth football players. Journal of Sports Sciences.

  • Petiot, B., et al. (2021). Intuition versus deliberation in dynamic sports environments.

Dieser Beitrag ist Artikel Nr. 1 der Blogreihe MentALLab, in der ich regelmässig wissenschaftliche Studien aus Sportpsychologie und Coaching aufarbeite.
Mein Ziel: komplexe Erkenntnisse verständlich machen – und Impulse für die Praxis geben.

Willkommen im MentALLab - hier beginnt das Spiel vor dem Anpfiff.

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